Wer nach Finnland reist – besonders in den Norden, nach Lappland – begegnet einer Küche, die wenig Aufhebens macht. Keine Instagram-Teller, kein Chichi. Dafür ehrliche Aromen, klare Zutaten, viel Natur.
Gekocht wird, was da ist: aus dem Wald, dem See oder vom Feld. Die Speisekammer steht draussen – und sie ist erstaunlich reich, wenn man weiss, was man sucht.
Die Klassiker
Fisch und Kartoffeln sind die Grundpfeiler. Lachs in allen Varianten (gegrillt, gebeizt, geräuchert), dazu Ofenkartoffeln, Dill, Rahmsauce. Auch kleine Süsswasserfische wie Barsch, Hecht oder Zander landen häufig auf dem Teller – gebraten, gekocht oder als Bestandteil einer Suppe.
Suppen sind überall. Die bekannte Lohikeitto (Lachs-Kartoffel-Suppe mit Rahm und Dill) gehört fast zur Nationalidentität. Donnerstags ist traditionell Hernekeitto-Tag – eine grüne Erbsensuppe, die auf keiner Armeekantine fehlt. Im Herbst: Sienikeitto, die Pilzsuppe mit frischer Sahne, Butter und Waldpilzen.
Brot ist Pflicht – meist dunkel und kompakt. Ruisleipä (Roggenbrot), oft tagelang haltbar, mit Butter, Käse und Gurkenscheiben. Einfach, aber sättigend.
Milchprodukte sind fest verankert. Besonders viili, ein fermentierter Sauermilchjoghurt mit schleimiger Textur, ist typisch. Geschmacklich speziell, aber sehr finnisch.
Eintöpfe und Aufläufe wie Karjalanpaisti (Karelischer Fleischeintopf), Makaronilaatikko (Nudel-Hackfleisch-Auflauf) oder Perunalaatikko (süsser Kartoffelauflauf) gehören zu den traditionellen Familiengerichten.
Traditionen aus dem Norden
Lättu – die Pfannkuchen vom Feuer
Ein absoluter Klassiker in Lappland ist Lättu (auch Lettu oder Muurinpohjalettu genannt) – ein dünner Pfannkuchen, der draussen über offenem Feuer gebraten wird. Meist in einer gusseisernen Platte, oft zusammen mit Freunden, Kindern, Nachbarn. Dazu gibt’s selbstgemachte Preiselbeer- oder Blaubeermarmelade oder sogar Moltebeeren, manchmal ein Klecks Sahne. Kein Luxus, aber purer Genuss. Und der Rauch vom Feuer gehört einfach dazu.
Rezept für 4 Personen – Finnischer Lättu vom Feuer oder Herd:
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5 dl Milch
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2 Eier
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2 dl Mehl
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1 Prise Salz
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1 TL Zucker (optional)
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etwas Butter für die Pfanne
Alles gut verrühren, 30 Min. stehen lassen. In einer gut gefetteten Pfanne dünn ausbacken. Wer mag, fügt einen Schuss Mineralwasser hinzu – das macht’s luftiger.
Tipp: Mit Blaubeermarmelade servieren oder – ganz nordisch – mit einem Löffel geschmolzener Butter und Zucker bestreuen.
Aus dem Wald: Beeren & Kräuter
Beeren gehören zur Seele der finnischen Küche. Blaubeeren, Preiselbeeren, Moltebeeren – man sammelt, friert ein, macht Marmelade oder Saft daraus. Gäste dürfen vielerorts selbst sammeln – das Jedermannsrecht erlaubt das.
Moltebeeren (Lakka) sind besonders in Lappland ein Highlight. Leuchtend gelb-orange, leicht säuerlich-süss. Perfekt zu Käse oder als Kompott zum Dessert.
Auch Waldkräuter spielen eine Rolle, oft unauffällig, aber geschmacklich kräftig: Wald-Sauerampfer, Giersch, junge Fichtenspitzen, Mädesüss, Schafgarbe. Man nutzt sie für Tee, als Würze in der Suppe oder zum Räuchern.
Rentier – das Fleisch aus der Tundra
Poronkäristys, das Rentiergeschnetzelte, ist wohl das bekannteste Fleischgericht in Lappland. Dünn geschnittenes Rentierfleisch, in Butter angebraten, mit Zwiebeln und Bier oder Brühe geschmort. Dazu Kartoffelstock und Preiselbeeren. Fertig.
Es ist nicht billig – aber hochwertig, nahrhaft und tief in der Kultur verwurzelt. Rentierhaltung ist Lebensgrundlage vieler Familien im Norden. Und wer eingeladen wird, Rentier zu essen, wird ernst genommen.
Süsses aus dem Wald
Fast alle traditionellen Desserts basieren auf Beeren. Mustikkapiirakka, der Blaubeerkuchen mit Rahmguss, ist einer der beliebtesten. Daneben: Hefeschnecken (korvapuusti) mit Zimt, Kardamom und viel Butter.
Getränke: Kaffee & Klarer
Kaffee ist ein Kulturgut – schwarz, viel, zu jeder Tageszeit.
Alkohol? Selten spontan. Der Verkauf ist reguliert. Aber es gibt lokale Biere, selbstgemachte Liköre mit Waldfrüchten, und natürlich den ein oder anderen Klaren.
Vegetarisch?
Wird langsam mehr, aber auf dem Land noch nicht selbstverständlich. Viele Rezepte lassen sich einfach abwandeln – etwa Lohikeitto mit Pilzen statt Lachs, oder Lättu mit Kräutern und Gemüse.
Fazit
Die finnische Küche ist keine Showküche – sie ist pragmatisch, naturverbunden und ehrlich. Sie stillt Hunger, wärmt von innen und bringt Menschen zusammen. Wer mitkocht oder mitisst, erlebt ein Stück echtes Finnland – ohne Filter.
Und das Beste? Alles, was du brauchst, findest du draussen. Du musst nur wissen, wo du suchen musst. Und dir Zeit nehmen.
Kochen in Finnland ist wie das Leben hier: nicht immer hübsch, aber immer echt.
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